In der Kosmologie der Maya wie auch der Azteken galt der Geist des Kakaos als einer der mächtigsten Verbündeten für schamanische Reisen. Wenig bekannt ist, auch in der psychonautischen Bewegung, dass Kakao in Zeremonien als rituelles Entheogen verwendet werden kann.
von Markus Berger
Dabei übernimmt der Kakao in schamanischen bzw. rituellen Settings eine ähnliche Rolle wie MDMA und Verwandte in den Kreisritualen der modernen Psychonauten. Denn Kakao ist ein Herzöffner und meditatives Hilfsmittel zur Zentrierung des Geistes. Deshalb etabliert sich der Kakao in einer anderen Form als der uns bislang bekannten als rituelles Psychoaktivum, aber auch als neue Club- und Partydroge.
Was sind Kakao-Zeremonien?
Zurzeit entstehen überall in Europa psychonautische Zirkel, die nicht nur mit bekannten Entheogenen, sondern auch mit Kakao arbeiten. Dabei gestalten sich die Kakao-Zeremonien durchaus verschieden. In manchen Kreisen wird der dickflüssige und wenig mit Supermarkt-Kakao assoziierte Trunk vor und während der Meditation eingenommen, andere verwenden den psychoaktiven Kakao für weitere Formen der Bewusstwerdung, zumeist, um mit sich selbst und der Umwelt wieder auf Tuchfühlung zu kommen oder um Inspiration zur Lösung bzw. Bewältigung von Problemen oder Alltagsfragen zu finden.
Kakao-Zeremonien werden zum Beispiel in Südostasien (Bali), Mittel- und Südamerika zelebriert, insbesondere und unter anderem, um das natürliche Gleichgewicht zwischen Natur und Mensch zu stärken oder wieder herzustellen.
Denn der Geist des Kakaos fühlt sich genau dieser Verbindung verpflichtet, sagen Schamanen. Kakao ist mehr als nur ein süßes Getränk, das Kinder sich zur kalten Jahreszeit wünschen. Der Kakao in seiner ursprünglichen Rohform vermag herzöffnende, psychoaktive, stimulative, tonisierende und kontemplative Wirkungen herbeizuführen, die in schamanischen Ritualen nutzbar gemacht werden.
Nix da mit Milka & Co!
Für diese Zwecke verwenden indigene Schamanen originäre alte Sorten von Kakaobäumen (z.B. „Criollo“) und nicht etwa auf Ertrag gezüchtete wirtschaftlich nutzbringende Hybriden (z.B. „Forastero“ und „Trinitario“).
Die „Bohnen“ der urtümlichen Sorten werden für rituelle Zwecke nicht geröstet und mit Zucker versetzt, sondern nur in ihrer Schote fermentiert und anschließend an der Sonne getrocknet. Zum Schluss werden die Kakaobohnen mithilfe von Steinmühlen gemahlen. Auf diese Weise gehen die wertvollen Inhaltsstoffe des Kakaos nicht verloren, wie dies bei der handelsüblichen Schokolade der Fall ist.
Selbst Bitterschokoladen-Sorten von 85 Prozent Kakao enthalten kaum noch Wirkstoffe des natürlichen Kakaos, weil von diesen während des Veredelungsprozesses bis über 90 Prozent verloren gehen.
Was wirkt denn da?
Der zeremoniell verwendete Kakao enthält noch alle der etwa 300 Inhaltsstoffe wie auch sämtliche in den Bohnen vorkommenden Fette, was für einen langsameren Wirkungseintritt der psychoaktiven Substanzen sorgt.
Dies sind vornehmlich Theobromin (das den zerebralen Blutfluss um bis zu 40 Prozent erhöhen kann und auch auf den dopaminergen und serotonergen Haushalt einwirkt), geringe Mengen Koffein, Anandamid, Phenylethylamin und Tryptophan, das biosynthetisch in das oral nicht aktive Serotonin umgebaut wird.
Die akute Wirkung rituellen Kakaos begünstigt eine psychische Zentrierung und Trancezustände, aber auch heilkräftige Effekte wie Entzündungshemmung.
Warnhinweise und Diäten
Kakao-Zeremonien werden häufig unter Einhaltung einer speziellen Diät vorbereitet. So sollte vor Beginn einer solchen Zeremonie einige Stunden lang nichts gegessen werden, außer eventuell eine leichte kleine Mahlzeit.
Auf Kaffee, andere Stimulanzien und auch auf Alkohol oder weitere Rauschdrogen sollte mindestens am Tag des Rituals, besser einige Tage vorher schon verzichtet werden.
Wer unter chronischen Herz-Kreislauferkrankungen leidet, empfindlich gegenüber Stimulanzien wie Theobromin und Koffein ist oder auf das Serotoninsystem einwirkende Antidepressiva einnehmen muss, sollte bei einer Kakao-Zeremonie Vorsicht walten lassen oder gar ganz auf den starken Kakao verzichten. Dasselbe gilt für schwangere und stillende Frauen. Überdosierungen mit Kakao können Kopfschmerzen, den sogenannten Kakao-Kater, verursachen.
Es gibt verschiedene Rezepturen, um rituellen Kakao herzustellen.
Pro Becher 40 bis 42 Gramm bzw. 30 bis 35 Bohnen Kakao mit Minztee oder Wasser aufkochen und für eine beschleunigte Aufnahme mit Chilipulver oder Cayennepfeffer würzen sowie eine Prise Salz und etwas Zimt für den Geschmack hinzugeben.
Weitere mögliche Additive sind u.a. Maispulver, Kokosblüten, Vanille und diverse schamanisch wirksame Pflanzen.