Im Zuge der momentanen Popularisierung von psychoaktiven Drogen befassen sich immer mehr Menschen auch mit der Verwendung der bei uns legalen Rauschpflanzen. Dazu gehören unter anderem die Nachtschattengewächse. Aber die sind mitunter heikel in der Anwendung. Von Markus Berger
Nachtschattengewächse (Solanaceae) unterliegen im deutschsprachigen Raum und anderswo nicht den pharmakratischen Reglements der Betäubungsmittelgesetze.
Sie sind vielgestaltig und die diversen psychoaktiven Solanaceae sind im Gartenmarkt, im ethnobotanischen Fachhandel und teils sogar im normalen Supermarkt zu finden. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Pflanzen auch harmlos sind. Genau das ist aber einer der Fehlschlüsse, die manche Personen aus der Tatsache ableiten, dass die Nachtschattendrogen eben nicht von den Drogenkriegern bekämpft werden.
Leider hat die potenzielle Gefährlichkeit von Drogen aber nichts mit der gültigen Gesetzeslage zu tun, und so kommt es, dass viele Giftpflanzen, die grundsätzlich bei Einnahme gesundheitsgefährdende, sogar lebensgefährliche Wirkungen herbeiführen, nicht von den Drogengesetzen erfasst sind, wir nennen hier neben den diversen Nachtschattengewächsen nur den Eisenhut (Aconitum napellus und andere Arten), den Schierling (Conium maculatum) und die Digitalispflanze, den Fingerhut. Diese Gewächse können, werden Pflanzenteile konsumiert, zum Tod führen – und zwar im Zweifel recht schnell.
Trotzdem sind sie in der Natur bzw. als Zierpflanzen im Garten häufig anzutreffen.
(Engelstrompeten, auch Baum-Datura genannt).
Der Stechapfel (Datura stramonium) ist auch in Deutschland eine einheimische Pflanze, die Engelstrompete kommt dagegen in Süd- und Mittelamerika vor, einige Arten (zum Beispiel die Duftende Engelstrompete Brugmansia suaveolens) haben sich durch Kultivierung bis in den asiatischen Raum verbreitet.
Die Pflanzen sind im Ganzen psychoaktiv, verwendet werden vor allem Blätter und Blüten sowie die Samen. Sich aus Stechapfel oder Engelstrompete einen Aufguss oder Ähnliches zuzubereiten, ist eine heikle Angelegenheit. Solche Trünke können lebensbedrohliche Wirkungen herbeiführen. Die einzige Methode, Stechapfel und Engelstrompete zum psychoaktiven Gebrauch zu verwenden, ist, deren getrocknete Blätter bzw. Blüten in Rauchmischungen zu nutzen. Auch bei dieser Applikationsform sollte jedoch nur moderat dosiert werden, weil größere Mengen der Droge zu unschönen Nebenwirkungen führen können, beispielsweise zu einer kaum linderbaren Mundtrockenheit und zu juckenden bis stechenden Körpergefühlen.
Die Tollkirsche heißt botanisch Atropa belladonna und ist bei uns eine einheimische Pflanze, die man im Wald finden kann.
Es gibt auch hier verschiedene Arten, die aber pharmakologisch alle analog sind. Tollkirsche enthält als eines ihrer Hauptalkaloide das Atropin, das auch im klinischen und präklinischen Alltag des Arztes verwendet wird und bei unsachgemäßer Einnahme zu ernsthaften Herz- und
Kreislaufproblemen führen kann. Auch hier sollten höchstens kleine Mengen der getrockneten Blätter in Rauchmischungen Verwendung finden – alle anderen Experimente sind potenziell gefährlich, auch und gerade das Essen der Beeren, insbesondere, wenn man sich damit überdosiert, was schnell passiert ist.
Vom Bilsenkraut gibt es ebenfalls verschiedene Arten, die sowohl als Wildpflanzen wie auch als Kultivare bzw. Neophyten über den Globus verteilt auftreten.
In Europa ist es vor allem das Schwarze Bilsenkraut Hyoscyamus niger, das in unseren Gefilden aber eine nur noch sehr selten zu findende Pflanze ist.
Das Gelbe Bilsenkraut Hyoscyamus albus kommt vornehmlich in Südeuropa vor und kann zum Beispiel in Griechenland und Spanien gefunden werden. Bilsenkräuter enthalten neben weiteren Tropanalkaloiden Hyoscyamin und Scopolamin und sollten nur in Form von Rauch- bzw. Räucherwerk oder des Bilsenkrautöls verwendet werden. Bilsenkrautöl ist erwiesenermaßen ein potentes Aphrodisiakum – sogar bei äußerlicher Verwendung. Im ethnobotanischen Fachhandel findet man eher selten, aber ab und zu ein solches öliges Präparat, das fürs Liebesspiel geeignet ist. Die Frau und der Mann reiben sich die Genitalien vor dem Sex mit einer geringen Dosierung des Öls ein, was dann zu einem empfindsameren Liebesakt und sensibilisierter Wahrnehmung sowie zu einem verstärkten Orgasmus führen kann. Man kann, wenn man sehr vorsichtig ist, auch einen Likör mit Bilsenkraut ansetzen oder auch ein Bier mit Bilsenkrautzusatz brauen. Manche Forscher gehen davon aus, dass das Pilsener seinen Namen ursprünglich vom Bilsenkraut hat, weil dieses vor dem Deutschen Reinheitsgebot (dem ersten prohibitionistischen Drogengesetz) häufig als Zutat für ein stark psychoaktives Bier verwendet worden ist.
Bei uns im deutschsprachigen Raum findet man die Alraune nicht in der Natur. Sie lässt sich aber im Kübel oder gar im Freiland als Zierpflanze halten. Die oberirdischen Blätter der Pflanze lassen sich trocknen und rauchen, der hauptsächlich für ethnobotanische Zubereitungen verwendete Pflanzenteil ist jedoch die Alraunen-Wurzel. Haupt-Inhaltsstoffe sind Scopolamin und Atropin, die neben vielen weiteren Alkaloiden („Mandragorin“) in der Pflanze vorkommen.
Aus der getrockneten Wurzel kann ein alkoholischer Auszug gewonnen werden, der potente aphrodisische Effekte haben kann. So sind Mandragora-Weine, -Liköre und -Schnäpse bekannt, die enorm psychoaktiv und als Liebesmittel geeignet sind.
Es gibt eine Vielzahl an weiteren psychoaktiven Nachtschattengewächsen, auch solche, die keine Tropanalkaloide enthalten, sondern andere Inhaltsstoffe.
Der Tabak gehört zu diesen Pflanzen. Auch die Kartoffel, Aubergine, Chili- und Paprika, Physalis und weitere
bekannte Nahrungsmittelpflanzen zählen zu den Solanaceae. Die Brunfelsie, der Hammerstrauch, der Goldkelch, das Tollkraut, die Petunie und viele weitere, ethnografisch relevante Gewächse (u.a. aus den Gattungen Duboisia, Fabiana, Latua, Solanum, Withania usw.) sind den Nachtschattengewächsen zugeordnet. Alle Pflanzen sind im psychoaktiven Gebrauch nichts für Anfänger und auch nicht geeignet, nebenbei konsumiert zu werden.
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