Schamanische Heilzeremonien mit Entheogenen wie Ayahuasca werden zunehmend weltweit populär und versprechen holistisches Heilen chronischer mentaler und physischer Probleme.
Ich wurde mein Leben lang von der ganzen Latte an Problemen, die das moderne Leben mit sich bringt, geplagt inklusive starker Depression/Burnout, chronische Erschöpfung, Bauchinfektion und allerlei Allergien. Nach einem 10-jährigen Marathon mit Ärzten, Krankenhäusern und Psychologen, was keine Linderung brachte, erinnerte ich mich des Schamanismus. Obwohl ein begeisterter Psytrancer war ich niemals auch nur nahe dran, das volle Heilpotential von Drogen einzusetzen, da ich sie bloss in einem Freizeitkontext genommen hatte. Es fehlte wohl der rituelle Kontext. Kurze darauf stolperte ich über einen Schamanen, der in Berlin Zeremonien namens “Göttliche Wifi Mutter-, Vater – und Grosseltern- Meditationen” anbietet, und die Einnahme heiliger Pflanzen beinhaltet. Er stimmte mich sofort sehr positiv und ich beschloss, endlich meine Dämonen zu konfrontieren und die ganze Erfahrung über zwei Nächte und Tage samt Ayahuasca (die Mutter), San Pedro cactus (der Vater) und anschließend, Magic Mushrooms (die Grosseltern) zu durchlaufen.
Er erklärte mir, dass die Prinzipien der Meditation Entheogene nutzen für eine Erweiterung und Erleuchtung des menschlichen Bewusstseins, zum Aufdecken und Heilen psychologischer Blockaden und Aufwecken der Selbstheilungskräfte sowie Empfangen relevanter Information für die physische und spirituelle Entwicklung.
Er fuhr fort, dass die Zeremonien auf persönliches Wachstum abzielen und kein Ersatz für eine Psychotherapie sind und machte klar, dass der zeremonielle Gebrauch von Ayahuasca, San Pedro und Magic Mushrooms zu dramatischen Erfahrungen mit starken emotionalen und physischen Ausbrüchen führen kann. Er sagt, dass die “Meisterpflanzens” eher Werkzeuge, Lehrer und führende Geister denn Drogen sind. In eine Zeremonie zu gehen, mit der Intention die Medizin einzunehmen sei wichtiger als wie oft du sie genommen hast oder wieviel du bei einer Sitzung nimmst. Die gesamte Erfahrung zielt auf eine sehr spirituelle, ursachenheilende Erfahrung und er erklärte, dass die Zeremonien nicht für potentielle Besucher bestimmt sind, die bloss für‘s mal richtig high werden kommen.
Das Setting der Zeremonie war eine Dachgeschosswohnung mit einem Dachgarten. Als ich diese an einem Freitagabend mit knurrendem Magen betrat (die Vorbereitung sieht eine strikte Diät und 24stündiges Fasten vor) wurde ich von einem süßlichen Duft brennenden Kopals und Palo Santo Holzes begrüsst sowie einem freundlich lächelnden Schamanen ganz in Weiß. Das Ritual begann mit einer Tabaksäuberungszeremonie, bei welcher pro Nasenloch 3 Löffel einer Tabaktinktur hochgezogen werden. Es war schrecklich und mächtig. Ein Schmerz sauste durch mein Gehirn,Tränen rannen meine Backen runter, aber der Schmerz wandelte sich rasch in Klarheit, was der Zweck des Rituals war, “auf den Boden zu kommen – sich zentriert der Leitung der Mutter Ayahuasca zu überlassen”. Der Schamane betete sodann zu den Geistern und überreichte die Tasse mit Ayahuasca. Die nächsten 7 Stunden verbrachte ich daniederliegend in einem tiefen Zustand des Friedens in einer Art Wachtraum, mich auf unterschiedliche Weise sowohl zufrieden mit dem Universum und zugleich physisch krank fühlend. Es kam mir so vor, als ob die Pflanze meinen Körper scannte und die Probleme fände. Besonders mein Bauch fühlte sich wie tausend Ameisen an. Sie war mit mir, ich fühlte die klare Präsenz von etwas grösserem und tat meine Angst, meinen schlimmsten Alpträumen zu begegnen, ab. Sie war sehr gütig. Für mich war diese Erfahrung viel emotionaler als die sichtbare Natur.
Ich wachte auf als die Sonne aufging und wurde mit einem heissen Yogitee begrüsst. Etwas später erhielt ich den San Pedro Kaktus und verbrachte die nächste Stunde meditierend. Ich bemerkte, dass meine Körperzellen zu vibrieren begannen, ich fühlte mich elektrisch und erneut stachen psychologische Akupunkturnadeln in all meine Probleme. Die Meskalinerfahrung des Tages war eine sehr kommunikative. Wir lachten und unterhielten uns viel, erfreuten uns der intensiven Verbindung mit der städtischen Naturumgebung. Ich hatte ein noch tieferes Gefühl des Ganzen. An einem Punkt wurde mir ein Apfel angeboten und er schaute super aus, aber ich war allergisch auf Äpfel. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass die Allergie bloss eine psychosomatische Reaktion auf ein mentales Trauma ist. Ich sagte mir, dass die Allergie eine Illusion war und aß ihn, jeden Bissen geniessend. Nichts passierte! Meine Allergie war kuriert. Der Trip endete mit einem deliziösen Fruchtsalat, meinem ersten Mahl seit gefühlt Tagen. Als die Nacht hereinbrach setzten wir mit frischen Psilos fort, roh serviert in einen leckeren veganen Soße. Zum ersten Mal in dieser Zeremonie hatte ich bei geschlossenen Augen intensive Halluzinationen. Ich kenne Mushrooms gut, aber dieses Mal nahmen sie mich auf ein anderes Level. Vielleicht aufgrund der Synergie mit den vorherigen psychedelischen Zutaten, waren sie viel präsenter als ich sie aus der Erfahrung erinnerte. Ähnlich wie beim Ayahuasca, verbrachte ich die Nacht liegend. Als die Sonne aufging, gingen wir in den Dachgarten und betrachteten den Sonnenaufgang. Es war der schönste Sonnenaufgang ever. Der Himmel war durchsichtig, die Wolken formten geometrische Muster und plötzlich lachte ein freundliches Gesicht aus den Wolken auf mich runter, während Schwalben um uns und Sonnenstrahlen durch die Wolken schienen. Erneut fühlte ich diese ungeheuer intensive Verbindung mit allem, was da ist und hatte die Empfindung eines freundlich gesonnenen höheren Bewussstseins. Alles in allem war die Erfahrung wie ein kompletter Neustart. Viele Tage später fühlte ich mich noch energetisch aufgeladen, ergaben sich Dinge einfach so passend: das Leben fliesst seitdem besser und ja, ich kann wieder Äpfel essen, zum ersten Mal in 20 Jahren.
Ayahuasca
Ayahuasca ist auch bekannt als “Weinrebe des Todes” und “kosmische Schlange”.
Der psychoaktive Inhaltsstoff in Ayahuasca ist DMT,
kurz für N,N-Dimethyltryptamine, ein chemischer Bestandteil der Pflanze Psychotria viridis.
Jedoch ist Ayahuasca nicht vollständig ohne den Zusatz von
B. caapi, (Banisteriopsis caapi), der Weinrebenkomponente, die erlaubt,
den Bestandteil zu trinken statt zu rauchen, wodurch die Länge
des Trip erheblich von bloss 10-30 Minuten auf ungefähr 7 stunden ausgedehnt wird.
Foto: Awkipuma, Wikimedia Commons
Magic Mushrooms
Psilocybin mushrooms wurden lange mit einem Ritual verbunden aufgrund ihrer Fähigkeit, die menschliche Wahrnehmung zu verändern und “psychedelische Effekte” hervorzurufen.
Der Effekt der psychoaktiven Bestandteile auf das Gehirn ähnelt bemerkenswert den Effekten der Meditation. Psilocybin verbindet „Hirnregionen, die normalerweise nicht miteinander sprechen“.
Es verändert die sensorische Wahrnehmung, besonders visuelle Effekte.
Objekte können verzerrt wirken, Farbe wechseln oder sogar mehr.
Der Effekt auf die Selbstsinn ist besonders auffällig.
Photo: JimmyTheWorm / commons.wikimedia.org
San Pedro
Der Huachuma oder San Pedro Kaktus wird seit über 4000 Jahren in Peru für Heilzwecke, Wahrsagung und zur Erweiterung des Bewusstseins genutzt. San Pedro ist ein mächtiger Katalysator zum Heilen, Meditieren und für‘s Selbstverständnis. Der San Pedro Kaktus (Trichocereus pachanoi, T. peruvianus) findet sich hauptsächlich in den Anden. Er ist ein grosser säulenartiger Kaktus, der Meskalin anscheinend überwiegend in der Außenhaut enthält, die für Konsumzwecke abgeschält, getrocknet und zerpulvert werden kann.
Photo: Ajor933 / commons.wikimedia.org
Phil Shroom