Bewusste Integration nach dem Trip: Psychedelische Nachbereitung

Ein psychedelischer Trip kann vieles zutage fördern, auch seelische und geistige Inhalte, die der Psychonaut unter Umständen so gar nicht erwartet hatte, mit denen er oder sie eventuell nicht zurechtkommt oder die der Reisende im Nachhall nicht einordnen kann. Die Zauberworte heißen in diesem Fall Nachbereitung und Integration. von Markus Berger

Wer tiefgehende psychedelische Erfahrungen macht, führt seine Psyche oftmals in Gefilde, deren Erleben jeglichem hedonistischen Drogengebrauch offensichtlich entgegensteht. Zuweilen verarbeitet man in Zuständen veränderten Bewusstseins seelische Inhalte, die als längst vergessen oder verschüttet erschienen oder die der Proband überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, zum Beispiel Geburtstraumata, prägende Kindheitserlebnisse und so weiter. Mit den wohligen Feelings des feiernden Drogenusers hat eine solche Erfahrungsrealität dann nichts mehr zu tun. Und meist werfen diese Erlebnisse mehr Fragen auf, als sie zu beantworten imstande sind.

Das Erlebte aufarbeiten

Wie nach dem Erwachen aus einem Alptraum, wenn man versucht, die geträumten Szenerien festzuhalten, zu hinterfragen oder auch – wenn es ein besonders heftiger Alptraum war – schnell zu vergessen, so kann es auch dem psychedelisch Reisenden gehen, wenn er vom Zustand des veränderten Bewusstseins wieder ins Alltagserleben zurückgleitet. Nur dass die psychedelische Erfahrung zum einen sich meist deutlich realer anfühlt als ein Traum und zum anderen viel tiefgehender in psychische Strukturen eingreift bzw. diese offenlegt, ohne dass wir das Erlebte deuten könnten. Daher ist es von Vorteil, sich nach einem Trip möglichst bewusst zu machen, mit welchen Realitäten man gerade konfrontiert wurde.

Erlebtes in Teilen festhalten

Deshalb gewöhnen sich professionelle Psychonauten gerne an, die Fragmente der Erfahrung, die noch im zurückkehrenden Alltagsbewusstsein greifbar sind, zu notieren oder mit einem Diktiergerät aufzuzeichnen. Immerhin lassen sich viele Erlebnisinhalte zu einem späteren Zeitpunkt eventuell besser verstehen und deuten.
Das muss zwar nicht der Fall sein, ist aber häufig von Nutzen. Auch erleuchtende Eingebungen, Antworten auf zuvor gestellte Fragen und so weiter lassen sich gut festhalten, damit sie nicht aus dem Gedächtnis schwinden und vergessen werden. Einige neigen sogar dazu, bereits während der Erfahrung Notizen oder Tonbandaufnahmen anzufertigen, was jedoch mit der Reisegruppe, sofern es sich um eine solche handelt, abgesprochen werden sollte, denn gerade Aufnahmen auf ein Diktiergerät oder Handy können doch die Mitreisenden massiv stören, was von Nachteil ist.

Austausch und Kommunikation

Ganz besonders sinnvoll und wichtig ist der Austausch mit anderen, die vielleicht ähnliche Erfahrungen bereits gemacht haben und die eventuell in der Lage sind, die Erlebnisinhalte zu deuten oder ein Modell zum Verständnis der veränderten Bewusstseinszustände zur Hand haben. Die Kommunikation innerhalb einer Reisegruppe wird von den meisten als enorm bedeutsam empfunden, weil schon das Erzählen bzw. Verbalisieren allein hilfreich sein kann, erlebte andere Realitäten zu verarbeiten und zu verstehen. Allerdings sollte auch derjenige Psychonaut, der nach einer Erfahrung nicht willens oder fähig ist, direkt in den Austausch zu treten, nicht genötigt werden, von seinen Erlebnissen zu berichten. Jeder wählt den für ihn oder sie richtigen Zeitpunkt.
Aus einer entheogenen indianischen Tradition, dem Peyotekult nämlich, ist die Praxis des Talking Sticks bekannt. Dieser Stock (oder ein anderes Ritualwerkzeug) wird schon während oder auch nach der psychedelischen Reise im Kreis weitergegeben und jeder, der den Stock in der Hand hält, darf berichten, was er oder sie gerade erlebt bzw. erlebt hat, oder auch einfach etwas anderes tun: singen, tanzen, beten, erzählen oder auch schweigen. Das ist eine schöne Tradition, die wir in modernen psychedelischen Ritualen adaptieren können – auch ohne Stock oder ähnliches.

Bad Trips umkehren

Häufig sind es die Inhalte von Bad Trips, die uns verängstigen und auch im Nachhinein zu schaffen machen können. Genauso häufig sind es aber genau diese Erfahrungen, die uns weiterbringen und seelische Knoten offenbaren, die unsere Persönlichkeitsstruktur betreffen und oftmals negativ beeinflussen. Auch wenn es so einfach klingt: Inhalte von sogenannten Bad Trips anzunehmen und sich ihnen hinzugeben („go with the flow“), kann im Falle eines alptraumartigen psychedelischen Trips positive, stärkende, entlastende Wirkungen und Effekte zeitigen. Aber Vorsicht: Das Erleben und Aufarbeiten von seelischen Inhalten, die (aus gutem Grund?) verschüttet waren, ist nichts für einen hedonistischen Freizeitrahmen, sondern ein Fall für den Therapeuten. Die psycholytische und psychedelische Therapie sind geeignete Methoden, um seelische Traumata aufzulösen und zu integrieren. Leider sind diese beiden Therapieformen bei uns illegal und werden nur im Underground angeboten.

Hempedelic